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Kaizen 2 go Podcast

Dr. Klaus Doppler und Jörg Poersch über verschiedene Ansätze zur Organisationsentwicklung

Götz Müller im Gespräch mit Dr. Klaus Doppler und Jörg Poersch über die Digitalisierung in der Organisationsentwicklung im Lean Podcast Kaizen 2 go.

Inhalt des Podcast: Prozessvergleich zur Organisationsentwicklung

  • Welche Themen und Aspekte fallen in den Bereich der Organisationsentwicklung?
  • Was sind typische Methoden & Werkzeuge der Organisationsentwicklung?
  • Welche Ansätze und Varianten sind in der Organisationsentwicklung möglich?
  • Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei den verschiedenen Varianten?
  • Welche Rolle spielt der Digitalisierungsgrad innerhalb der Organisation bzw. deren Geschäftsmodell für die digitale Organisationsentwicklung?
  • Welche Rolle spielen die Menschen in diesem Digitalisierungskontext?
  • Welche Rolle spielt die Generationenfrage jeweils in diesem Kontext?

Transkript des Podcasts

Götz Müller: Herzlich willkommen zu dem Podcast für Lean Interessierte, die in ihren Organisationen die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsprozesse und Abläufe anstreben, um Nutzen zu steigern, Ressourcen-Verbrauch zu reduzieren und damit Freiräume für echte Wertschöpfung zu schaffen. Für mehr Erfolg durch Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, höhere Produktivität durch mehr Effektivität und Effizienz. An den Maschinen, im Außendienst, in den Büros bis zur Chefetage.

Götz Müller: Heute habe ich Jörg Poersch und Klaus Doppler bei mir im Podcast-Gespräch. Jörg Poersch ist Organisations- und Unternehmensentwickler und Klaus Doppler Berater für Organisationsentwicklung und Change. Hallo zusammen.

Jörg Poersch: Hallo Götz.

Klaus Doppler: Hallo.

Götz Müller: So, jetzt habe ich schon einen halben Satz gesagt, aber bitte stellt euch gern noch mal in zwei, drei Sätzen noch ein bisschen intensiver vor.

Jörg Poersch: Ja, Klaus. Fang du an, bitte.

Klaus Doppler: Also ich bin seit vierzig Jahren ungefähr selbstständig und habe dann im deutschsprachigen Raum das Thema Change mit entwickelt und salonfähig gemacht und bin seitdem völlig unabhängiger Berater von Unternehmen, aber nur von Leuten, die wirklich etwas verändern wollen. Ich habe zwar Bücher geschrieben, die sind bekannt, aber Bücher kann man lesen, die ändern noch nichts. Und das ist mein entscheidender Punkt: Menschen zu begleiten, die wirklich etwas verändern wollen.

Götz Müller: Okay, danke.

Jörg Poersch: Ja. Ich bin jetzt auch fast siebzehn Jahre selbstständig. Ich habe während meinem Studium mein erstes Beratungsunternehmen gegründet und ich würde eigentlich die Aussage vom Klaus auch für mich mitnehmen. Wir sind mit unserem Unternehmen heute unterwegs, also noch mehr Befähigung zu ermöglichen in Unternehmen aus eigener Kraft und mit den vorhandenen Ressourcen Change, um jetzt in der Sprache vom Klaus zu bleiben, Change nicht nur punktuell durchzuführen, sondern Change auch zu dem zu machen, was es wahrscheinlich von der Grunddenke her ist, nämlich etwas Permanentes und Kontinuierliches und das ist das, was wir mit unserem Unternehmen tun, und das eben sehr spezialisiert in digitalen Umfeldern.

Götz Müller: Gut, und vielleicht um den Zuhörern mal ein bisschen so den Rahmen aufzuspannen, eine Einstiegsfrage: Welche Themen, welche Aspekte fallen jetzt in den Bereich der Organisationsentwicklung, damit wir da eine gewisse Abgrenzung haben auch?

Klaus Doppler: Sag du mal, wie du das siehst.

Jörg Poersch: Ja, mache ich gerne. Danke, Klaus. Aus meiner Sicht … wenn eine Organisation oder ein Unternehmen sich entscheidet, sowohl auf der Effizienzsteigerungsebene als auch auf der kulturellen Ebene Maßnahmen umzusetzen, unabhängig vom Tagesgeschäft, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Organisation zu gewährleisten, dann ist das aus meiner Sicht das grundlegende Spannfeld, über das ich spreche in der Organisationsentwicklung; also immer die Symbiose zwischen Effizienz und Menschlichkeit, ja, nicht einseitig in die eine Richtung fahren. Und dann, was bei mir als Person eben speziell noch dazu kommt, ist der Ansatz, das ganze digitalisiert, automatisiert über Algorithmen in die Zukunft zu fahren und das ist eben dann auch der spannende Dialog zwischen Klaus und mir.

Klaus Doppler: Und von meiner Seite, also eines meiner Schlagworte ist: Ich muss ganzheitlich rangehen. Ich muss anfangen, und zwar nicht innen, viele fangen innen an, also jetzt für Automobilindustrie – „Was haben wir bisher gemacht und was können wir noch alles verändern?“ – da sage ich: „So ein Schmarrn. Fangt von außen an. Wer braucht denn euch noch? Wie sind die Rahmenbedingungen?“ Ich muss vom Rahmen her nach innen denken. Und das ist das Thema, was heutzutage voll, also notwendig ist. Viele reden von „Wann kehrt wieder die Normalität ein?“ und dann sage ich, die alte Normalität gibt es nicht mehr und die Normalität muss neu entwickelt werden und ihr müsst einfach anfangen. „Ja, aber ich weiß ja noch nicht wie?“ – Ja, ich weiß es auch nicht, aber du musst anfangen. Und das ist das, also ein Change ist sozusagen nicht eine Einmalaktion „Und jetzt machen wir Change und dann ist alles geregelt.“, sondern, und da noch mal ein Schlagwort, Nachhaltigkeit. Und viele verstehen ja unter Nachhaltigkeit „Ja, und jetzt wird’s festgeschraubt und so machen wir das in Zukunft.“ – so ein Quatsch. Nachhaltigkeit heißt, du musst laufend überprüfen: Stimmt der Kontext noch? Gibt’s neue Entwicklungen, technologisch und so weiter? Und ich will nur noch das eine vom Jörg noch ansprechen: Das Entscheidende ist, viele holen sich dann Berater rein und die Berater übernehmen sozusagen die Steuerung und wenn die weg sind, geht alles wieder runter. Und mein Thema ist: Ihr müsst das selber wollen und machen. Und deshalb betrachte ich mich da nicht und sage ich bin der Berater … ich sage, ich bin der Sparringspartner. Punkt. Ihr müsst spielen und ich gucke euch zu und ich schaue, wie ihr das macht und ich gebe euch Kommentare. Punkt. Aber ihr müsst umsetzen. Und das ist der entscheidende Punkt.

Götz Müller: Ja. Ohne dass ich jetzt die nächste Frage irgendwie auf diese methodische Werkzeugebene reduzieren will, jetzt kann man ja Methode und Werkzeug auch im übertragenen Sinne verstehen, eben im Sinne von Change Management, und da eben noch eine weitere Frage, auch im Sinne von Abgrenzung: Was sind so klassisch-typische Methoden und Werkzeuge, in Anführungszeichen, der Organisationsentwicklung, damit wir dann nachher auch in der weiteren Unterhaltung auf die Unterschiede, auf das andere von euch, kommen können.

Klaus Doppler: Also das häufig gebrauchte ist „Ich als Berater weiß Bescheid und ich sage euch, was ihr jetzt machen müsst und wie.“ Das ist der übliche Weg und ich bin da ja auch … das habe ich auch mit entwickelt und so weiter und da galt das Gesetz, das hieß, in der Gruppendynamik, in dem Training gilt nur das Hier und Jetzt in dieser Woche. So ein Quatsch. Wo ist denn das Dort und Dann? Die kommen woher und gehen wieder dorthin – was fangen sie damit an, was hier gelaufen ist? Und mein Thema war dann: Wir müssen die jeweils erlebte Klarheit und was die Leute wollen, was sie beschäftigt, müssen wir in die Situation reinholen. Also beispielhaft, nicht wie man es machen sollte, sondern zu sagen: Wie machst du es denn? Beschreib das doch mal und jetzt hör mal zu, wie die anderen das jetzt erleben. Also das hängt zusammen mit dem neuen Buch, jetzt kommt eine kleine Zwischenwerbung, das kommt im Herbst im Campus-Verlag. Das heißt: Die Logik der Anderen. Ich muss … jeder hat seine eigene Logik. Hier hocken drei Logiken zusammen mit vielen Unterlogiken und wenn ich mich mit euch verständigen will, muss ich eure Logik verstehen, verstehen wollen, und nicht: Ich sage euch meine. Ich sage euch zwar meine, aber das gibt noch keine Beziehung. Und das ist ein ganz entscheidender Punkt meiner Ansicht nach.

Jörg Poersch: Ja, das eigentlich jetzt an der Antwort … weil das zeigt auch so ein bisschen, was mich von Anfang an Klaus’ Arbeit und Herangehensweise fasziniert hat, wir haben uns, glaube ich, 2012 kennengelernt, in einem Seminar, wo ich mit dabei war, mit moderieren durfte als Co-Moderator, und das Seminar hat meine gesamte bis dahin, ich bin ja immer ein recht junger Berater da irgendwo gewesen, und Klaus hat in diesen zwei Tagen, ohne dass er das wollte, meine komplette Denke verändert, ja. Nach den zwei Tagen war im Prinzip das, was er gerade formuliert hat, zumindest mal ansatzweise präsent in meinem Kopf, weil ich das gar nicht auf dem Schirm hatte, weil ich mein Handwerk, ich sehe mich als Handwerker, für mich ist Organisations- und Unternehmensentwicklung ein traditionsreiches Handwerk, auch mit einem entsprechenden Zunftanspruch an die Professionalität der Arbeitsausführung. So und ich habe mein Handwerk, bis ich den Klaus kennengelernt habe, vollständig nur auf Werkzeug-, Methoden- und Toolebene kennengelernt und Klaus’ Denken hat damals, 2012, bei mir das extrem erweitert und auch mein ganzes Selbstverständnis, nur die zwei Tage haben sehr viel verändert, dass ich diesen ganzen, ich nenne es jetzt mal verändert, diesen ganzen systemischen, gruppendynamischen Kontext so ein Stück weit natürlich nicht in der Tiefe, aber ein Stück weit mitnehmen konnte, und der meine Arbeit verändert hat. Und weil deine Frage war, welche Methoden und Werkzeuge, über welche wir jetzt eventuell konkret sprechen und wo Abgrenzungen sind, also von meiner Seite, also mit meinem Ansatz, mit unserem Ansatz, mein Team, also ich bin eigentlich nichts, mein Team ist alles, ohne das Team funktioniert gar nichts im Unternehmen. Also mein Team, also das Team crossgo, mein Team ist ja auch schon Ego-Trip, ja, sondern das Team crossgo arbeitet daran, dass alle Werkzeuge und Methoden der Organisationsentwicklung in Organisationen digital eingesteuert werden können, über Algorithmen, automatisiert den Menschen zur Verfügung gestellt werden können, dass die Menschen ihr völliges Potential mit ausschöpfen können; ihr Qualifikationspotential, ihr soziales Potential. Das heißt, von meiner Seite gibt es da keine Eingrenzung auf ein einzelnes Werkzeug, sondern im Prinzip besteht unser Ansatz darin, wie muss man denn ein Zugangssystem schaffen, das Organisationen in Summe dazu befähigt, aus eigener Kraft eigenverantwortlich die Ressourcen, die da sind, nachhaltig, wie es Klaus genannt hat, zu schöpfen und eben nicht nur interventionsbezogen. Mein Handwerk, wie ich es gelernt habe, ist sehr stark interventionsbezogen, Turbulenzen erzeugen häufig scheinbar den Bedarf nach einer Intervention und wenn die Intervention zu Ende ist, schnapp das System wieder zurück in den teilweise vorherigen Zustand und das versuchen wir einfach mit unserer Technologie. Und das ist aus meiner Sicht sagen wir mal das Jahr 2020, dass wir in unserem Handwerk einfach Technologie einsetzen können, die Unternehmen dabei hilft, die eigenen Menschen in der Organisation zu internen Beratern, Experten zu machen, ja.

Götz Müller: Okay. Jetzt lass uns vielleicht den Punkt noch ein bisschen vertiefen, so dein, ich nenne es jetzt mal dein früheres Leben, Jörg, also sprich: Was war anders vor 2012, im Sinne von Ansätze, Varianten? Weil ich glaube, du hast dich damals, ich kenne ich jetzt auch schon eine ganze Ecke, seit 2012 nicht ganz, aber wir waren ja im intensiven Austausch, wie hat sich das für dich dort verändert und entsprechend auch für deine Kunden?

Jörg Poersch: Also was sich damals verändert hat, definitiv nach diesen zwei Tagen mit Klaus, ist, dass ich in die Auftragsklärung, nennen es wir jetzt mal fachlich, mit dem Kunde anders rangegangen bin. Viel mehr dialogorientiert, so wie Klaus das gerade beschrieben hat, zu fragen „Wo stehst du? was brauchst du? Was ist bei dir los?“ und da mit Mut ranzugehen und erst später mit den eventuellen funktionalen Schablonen über eine bestimmte Methode draufzukommen. Also der Zeitraum zwischen „Wo stehst du?“ und „Was für ein Werkzeug nehmen wir?“, der Zeitraum wurde größer. Und am Anfang war das bei mir enger zusammen, da war ich schnell auf der Werkzeugebene. „Ah ok, der hat da in der Logistik irgendwie ein Ablaufproblem? Alles klar, dann machen wir eine Wertstromanalyse.

Klaus Doppler: Da möchte ich mal unterbrechen.

Jörg Poersch: Gerne.

Klaus Doppler: Du hast von „wir“ geredet. Ein „wir“ darf es nicht sein, sondern „ihr“. Nicht „wir“. Das ist genau wieder die Umrahmung und es gibt so einen Spruch, den höre ich immer sehr gerne und der heißt: „A fool with a tool is still a fool.“ Und ich weiß noch, wie wir das erste Intensivtreffen hatten, du bist dann zu mir gekommen und hast gefragt, ob du mal privat kommen kannst und ich habe gesagt „Ja, komm.“ und dann hast du mir erzählt, was du machst und du warst völlig überrascht, als ich gesagt habe, dass ich Werkzeuge ganz wichtig finde. Und dann habe ich noch gesagt, dass es aber Rahmenbedingungen braucht, die müssen eingebettet sein und dann habe ich mir noch mal überlegt – Werkzeuge, wenn ich jetzt nur einen Hammer hätte, dann würde ich halt nur mit einem Hammer arbeiten, ich habe ja sonst nichts. Aber ich habe eine schöne kleine Geschichte, da sind alle wichtigen Werkzeuge drin, ich weiß wo das steht, und sobald ich, wenn irgendetwas nicht stimmt, hole ich mir das Ganze und gucke, was kannst du jetzt davon brauchen. Und das heißt, ich brauche gerade jetzt in dieser Situation, wenn ich das noch mal kopple mit Veränderung und Anpassung, ich brauche … ich nenne das mal einen emotionalen Rahmen, dass Leute das a) verstehen, b) wollen und dass ich an ihrer Logik anknüpfte und dass die Verantwortung bei ihnen nicht weggenommen wird, nicht abgeschwächt wird, sondern bleibt und deshalb rede ich nie … also sobald du von „wir“ redest, bist du zu stark drin. Das ist wie wenn die Krankenschwester sagt „So und jetzt gehen wir ins Bett.“, wenn du sagst „Mit dir nicht.“, kriegst du eine geschmiert, weil das war eine Machtaussage. Weil „wir“ heißt, ich bestimmte und ich sage jetzt wir. Und deshalb, so. Also das ist so für mich der Punkt, also die Werkzeuge, so wie du gesagt hast, es gibt immer einen Haufen Werkzeuge und ich weiß nicht genau, welches brauche ich jetzt, aber das andere ist, es muss immer da sein, dass ich verantwortlich bin, die Werkzeuge einzusetzen, ich muss sie haben wollen und ich muss Mitarbeiter dazu kriegen, dass sie einen Gewinn darin sehen, auch für sich selber. Und das meine ich mit Einbettung.

Götz Müller: Ich habe jetzt aber auch rausgehört, es geht nicht darum jetzt hier bei den Menschen im Kopf rumzuschrauben, um sie auf die eigene Linie zu kriegen, sondern eben sie, nennen wir den hier öfters bemühten Spruch, dort abzuholen, wo sie halt stehen und von dort aus zu bewegen, aber eben nicht hier irgendwie im Kopf rumzuschrauben und sie auf die eigene Schiene zu ziehen.

Klaus Doppler: Genau. Das verstehst du ganz richtig. Und wenn ich zum Beispiel, ist mir auch schon passiert, dass in einem Training jemand sagt „Ich muss jetzt den Mitarbeiter ins Boot holen.“, dann habe ich gesagt „In was für ein Boot“ – „Wie, was heißt was für ein Boot? Ja, halt ins meins.“ – „Warum in deins? Warum gehst du nicht ins Boot von den anderen und guckst mal, wie die das machen, sodass du anschlussfähig wirst. Und nicht: Ihr wart bisher blöd und jetzt gibt’s hier Lösungen. Sondern: Ihr habt euch bewegt, dahin, dahin, dahin. Das war eure bisherige Logik.“ Und ich würde mich noch mal vergewissern, ob ich es richtig verstanden habe und wenn ich das verstanden habe, heißt das auch, ich akzeptiere dein bisheriges Vorgehen, das heißt aber nicht, dass ich zustimme. Und zu sagen, ich kann das nachvollziehen und jetzt betrachte ich mal aus meiner Perspektive deine Welt und zwar was ist da?, was ist da?, was ist da? und so weiter. Und das ist die Kunst, das hinzukriegen, die Werkzeuge einzubauen in ein Gesamtsteuerungssystem und zwar Selbststeuerung und nicht Fremdsteuerung.

Götz Müller: Und das hat ja jemand beziehungsweise eine Gruppe von Menschen auch irgendwo hingebracht und es ist ja nicht völlig verkehrt, wo sie jetzt sind und jetzt kann man überlegen, ob der Weg in der Zukunft nicht noch besser sein könnte. Das ist dann wieder diese Veränderungsbereitschaft und dieser Wille nach Veränderung. Aber jetzt sind wir halt mal irgendwo und die Vergangenheit ist ja sowieso rum und jetzt ist es halt erstmal gut, weil jetzt sind wir dort gelandet, wo wir sind.

Klaus Doppler: Eins noch dazu, du hast das gerade so angesprochen. Es wurde irgendetwas gemacht und die sind im Graben gelandet und jetzt kann ich nicht sagen „Ihr seid ja einfach blöd.“, sondern ich kann sagen „Wie ist denn das passiert?“ und zwar nicht vorwurfsvoll, sondern „Wie habt ihr gesteuert und was seht ihr selbst für Varianten daraus?“ – „Ja, wir müssten als erstes mal wieder da rausgehen.“ – „Ganz langsam. Wisst ihr wohin? Habt ihr schon mal überlegt?“ Das heißt, das meine ich mit anschlussfähig werden und ich glaube, so sind wir auch bisher, Jörg und Judith Helmer, die ist ja immer mit dabei bei so Sachen, dass da einfach halt wirklich diese Instrumente und Werkzeuge einbettest in ein Gesamtsystem, also so verstehe ich dein Vorgehen, auch die Unterlagen, die du hast, die du mir ab und zu schickst und das ist die hohe Kunst und nicht „Jetzt haben wir nur noch Werkzeuge. Denken müssen wir nicht mehr.“ oder umgedreht „Wir müssen nur richtig denken und dann fallen die Werkzeuge schon vom Himmel.“ – so geht’s nicht.

Jörg Poersch: Also ich würde da auch gerne ein bisschen … das ist eigentlich hervorragend, weil letztendlich beschreibt Klaus, wenn man Klaus zuhört, ich nennen das jetzt mal zusammengefasst, Klaus, innere Autonomie, die du da beschreibst, die man auch erlebt, wenn man mit dir zusammenarbeitet … Klaus ist der einzige Berater, den ich kenne, mit dem man in einem Raum sein kann, der bei dir ist, aber der sich von dir nicht vereinnahmen lässt und das ist auch etwas, wenn man das persönlich erlebt hat, wenn man mit dir zusammenarbeitet, das ist schon hochspannend. Diese innere Autonomie, wie du das beschrieben hast, da ist dann schon wieder so ein Machtanspruch, sondern ihr und dazu gehört auch Mut aus meiner Sicht. Es gehört Mut dazu, auf die auf die Art und Weise auf Gruppen und auf Gruppendynamik zuzugehen, da gehört ordentlich Mut zu aus meiner Sicht. Ich muss zulassen, ich muss andere zulassen. Das fällt mir zum Beispiel nicht immer leicht, sowohl in meiner Arbeit nicht, also auch als Unternehmer nicht, ich habe ja selber auch Personalverantwortung, auch in kollegialem Umkreis nicht. Und darauf aufbauend wird eigentlich klar, an was wir mit dem Team arbeiten.

Klaus Doppler: Wer ist jetzt wir?

Jörg Poersch: Ja, das Team. An was das Team von crossgo arbeitet. Genau, ja. Sehr gut. Ja, immer wieder bekommt der Jörg da Lektionen und er nimmt sie aber auch gerne an. Das ist sehr gut und wertvoll für mich, danke.

Götz Müller: Okay.

Jörg Poersch: Ein, zwei Sätze habe ich aber noch, da war ich jetzt noch nicht fertig. Das illustriert eigentlich ziemlich gut von so einem self-consulting-System wie es das crossgo-Team anbietet für Unternehmen, weil es aus meiner Sicht 2020 absolut notwendig ist, dass Unternehmen sich grundlegend Gedanken machen, wie versorge ich meine Organisation permanent mit Anwendungswissen, nicht mit theoretischem Know-how, dafür habe ich E-Learning-Plattformen, darüber reden wir nicht bei crossgo. Bei crossgo reden wir über praktisches Anwendungswissen und da ist die Deckungsgleichheit mit dem Ansatz zum Klaus Doppler. Wer crossgo ansetzt, der muss praktisch anwenden wollen. Alle anderen können sich E-Learning-Angebote buchen und das ist gut, das bringt die Leute weiter, die kriegen ihre Zertifikate, die können sie in ihre Personalakte tun und in die Bewerbungsunterlagen, sehr gut. Aber das ist aus meiner Sicht auch der signifikante Unterschied zum Self-Consulting-System. Das Self-Consulting-System muss aus meiner Sicht heutzutage eine zentrale, digitale strategische Fragestellung sein für jede Organisation, weil sie die technischen Vorteile nutzen muss, das ist eine große Spannweite an methodischer und Werkzeugverfügbarkeit, automatisiert reinziehen kann in eine Organisation, wie bei einem ERP-System, tupfengleich, und dann auch viel präziser sehen kann, wo brauche ich den Menschen, weil es geht nicht darum, den Berater oder den Trainer oder den Coach überflüssig zu machen, überhaupt nicht. Aber wenn ich diese Grundsatzentscheidung klar habe und sage, diese Aspekte hole ich mir technologisch automatisiert ins Haus, dann geht mein Fokus auf: Wo brauche ich denn wirklich eventuell Begleiter, wie Klaus Doppler gerade beschrieben hat, der hier Fragen stellt in der Organisation mit seiner persönlichen Anwesenheit, mit seiner Erfahrung, mit seinem Mut, die dafür sorgen, dass, auch deine Worte, Klaus, Irritation erzeugt wird in der Organisation.

Klaus Doppler: Irritation ist der Beginn von Veränderung. Ohne Irritation keine Veränderung.

Jörg Poersch: Genau. Und ich glaube, das bringt das ziemlich gut auf den Punkt, dass die Aspekte, die Klaus beschreibt, die noch nicht von einer Maschine oder einer Plattform abgefrühstückt werden können, aber es gibt schon weite Teile, wo das funktioniert, definitiv, und wo es auch notwendig ist, dass es eingesetzt wird. Und wenn Unternehmen anfangen, so zu denken, dann wird der Blick auch klarer auf die Frage, wo brauche ich erfahrene und kompetente Menschen im Haus, die mir die gruppendynamischen Prozesse begleiten. Meine persönliche Meinung ist, dass das immer wichtiger wird, weil auf der einen Seite die Automatisierung zunimmt ohne Ende, auch in der Organisationsentwicklung und dann wird die Gruppendynamik wichtiger, weil die Menschen in einem noch dynamischeren, noch technologisierteren Umfeld, sich einfinden müssen und dann kann sich der eingesetzte Externe auch viel mehr konzentrieren auf den Menschen, weil er im Hintergrund weiß, die Organisation hat die Standards eingespeist über ein technologischen System und ich kann mich viel mehr auf das Individuum konzentrieren.

Klaus Doppler: Da will ich eins dazu sagen, wenn du sagst Gruppendynamik. Aber auch da ist wichtig, nicht die Isolation „jetzt arbeiten wir nur psychologisch und morgen machen wir wieder was anderes“, das bringt nichts, sondern so wie du es am Anfang beschrieben hast, goldrichtig, und es gilt: Mach dich kostbar und rar. Und sobald einer kommt und sagt „Wir wollen hier …“, frage ich dann immer „Wer heißt denn wir hier?“ Ich frage das auch direkt. „Ich meine halt alle.“, dann sage ich „Wer heißt alle?“ – „Ja, Herrgott noch mal …“, dann sage ich „Kann der was dafür? Der ist jetzt gar nicht da. Also wer ist denn?“ Also ich sage das hier locker. „Ja, Herrgott noch mal, eigentlich ich.“ Und dann sage ich: „Was heißt eigentlich?“ Und das ist das, das ist die Quälerei, die ich locker bringe und dann sage „Und wenn sie das nicht wollen, dann müssen sie mich nicht nehmen. Punkt.“ Und sie können mir gerne Geld schenken, indem Sie alle Bücher kaufen und so weiter. Dann sage ich „Wunderbar, wunderbar. Wir haben ein großes Projekt in Südafrika, ich bin froh, aber es wird nichts ändern bei euch.“ Und das ist die Kunst, diese Drehen hinzukriegen. Es ist ein Werkzeug, aber es muss gewollt werden, es muss verstanden werden. Es muss immer wieder im überprüft werden: Passt das heute, was wir gestern gemacht haben?

Götz Müller: Jetzt möchte ich einen Punkt ein bisschen vertiefen. Das Stichwort Digitalisierung fiel ja schon öfter und in meiner Wahrnehmung, wenn da draußen über Digitalisierung gesprochen wird, dann ist das ja nicht selten ein gewisser Selbstzweck. Jetzt kenne ich den Jörg ja schon eine gewisse Ecke und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es bei ihm letztendlich genauso ist. Digitalisierung ist dort eben bei der Organisationsentwicklung kein Selbstzweck, sondern sie ist eben ein begleitendes Werkzeug und das möchte ich noch ein bisschen vertiefen, also sprich, welche Rolle spielt hier, Jörg hat es schon ein bisschen angedeutet, die Digitalisierung bei der Organisationsentwicklung? Was ja so auf den ersten Blick, wenn man Digitalisierung nicht als reines Werkzeug betrachtet, fast schon als reinen Widerspruch sehen könnte.

Jörg Poersch: Klaus, fang du bitte an, ich würde dir da gerne die Vorfahrt geben.

Klaus Doppler: Ich sage mal, Digitalisierung ist auf der Ebene Technologie und die gab’s früher nicht dann sage ich, ich bin Psychologe, von Digitalisierung, also technologisch, verstehe ich überhaupt nichts, wir haben es ja gemerkt, als ich meine Frau reingeholt habe ich gesagt habe „Hier, guck mal, ob du da was hinkriegst“, ich bin ja froh, dass ich das so bedienen kann einigermaßen, aber ich weiß, es muss sein, es ist idiotisch, das nicht zu machen und ich berate ja auch jetzt nach wie vor noch zwei, drei Unternehmen langfristig. Und da ist auch meine Frage immer: Wie weit verfolgt ihr Digitalisierung? Und dann merke ich aber selbst mit meiner, ich sage mal jetzt psychologischen Betrachtungsweise, dass ich inhaltlich nichts verstehe davon, von Digitalisierung, dann kommt dann „In meinem Bereich brauche ich das und das“, dann kommt der andere „Ja, in meinem Bereich brauche ich aber das“, der dritte sagt „in meinem Bereich brauche ich aber das“ und dann sage ich, mit der Digitalisierung langt ihr alle drei ins Fettnäpfchen, weil Digitalisierung heißt bereichsübergreifend, von wegen „Dein Bereich, dein Bereich, dein Bereich“ und ihr müsst sozusagen gucken „Welche Daten braucht ihr oder welche Daten brauchen eure Kunden?“ und dann gucken „Wo überall spielt das eine Rolle?“ – „Ach so ja, aber dann müssen wir den anderen ja jetzt überhaupt mal angucken.“ Und dann sage ich: „Ja, genau. Du müsstest nicht nur, du musst das.“ Und das ist die Kunst und das ist das Zusammenspiel, was ich meine mit der emotionalen Haltung „Mein Bereich, mein Unternehmen“, abgekapselt, und „Voll digitalisiert!“. Und dann frage ich mich, was nützt das, wenn dein Teil jetzt digitalisiert ist? Das ist wie in der Pfalz, die haben … ich stamme von der Pfalz. Und die hatten mal Geld. Dann haben die x Sachen gebaut, im Sinne von, Brücken gebaut, aber die Straßen waren nicht da, weil sie kein Geld mehr hatten. Dann war in der Vorderpfalz, das war mal zehn Jahre lang, wo mindestens fünf oder acht Brücken da waren, aber keine Straßen. Und dann waren sie stolz auf die Brücken. Und das ist die Kunst, das aufzuzeigen, diese Vernetzung und deshalb ist die Gruppendynamik auch insofern wichtig, welche Dynamik läuft jetzt in der Gruppe, weil da geht es um Macht und Einfluss. Wer hat hier das Sagen? Dann sage ich, es braucht einen, der das eventuell organisiert, aber das heißt nicht, dass er das Sagen hat, aber er muss zusammensetzen „Okay, was steht denn alles an?“ und dass wir hier nicht einfach Dinge wegbügeln, und das gibt’s noch und da ist noch was, und das ist die Kunst, das zu vernetzen. Also das ist sozusagen mein Eindruck, den ich da habe und laufend bestätigt kriege. Ich bin jetzt gerade wieder, also nächste Woche bei einem Unternehmen dann. „Ja, also es geht gerade … wir brauchen besser Kommunikation.“ und ich weiß genau, wie das laufen wird. Ich werde fragen: „Was heißt denn Kommunikation?“ und dann kommt garantiert „Ja, wir müssen unseren Mitarbeitern erklären …“, das heißt Information, aber keine Kommunikation. „Ja, Herrgott nochmal, wir wissen doch wie’s geht!“, dann sag ich: „Wunderbar, und was läuft jetzt hier?“ Und das ist dieses Konfrontieren, locker, freundlich, gnadenlos. Also das ist sozusagen mein Ziel, das hinzukriegen und da denke ich, Jörg, das hast du dann mittlerweile auch mitgekriegt, und ihr baut das ein, also so ist mein Eindruck, und also das ist sozusagen meine Betrachtungsweise.

Jörg Poersch: Ja, danke. Ja, Digitalisierung in der Organisationsentwicklung … erstmal wichtig ist, denke ich, dass man eventuell die beiden involvierten Parteien benennt: einmal Unternehmen und einmal eben auf der anderen Seite das Handwerk, die Branche, der wir angehören als Berater und Organisationsentwickler. Ich glaube, bei beiden ist ein Stück weit erstmal ein Bewusstwerden notwendig, dass wir 2020 leben und wir 2020 andere technologische Möglichkeiten haben, um unsere eigenen Mitarbeiter in Bewegung zu bringen, um unsere eigenen Mitarbeiter zu befähigen zur praktischen Anwendung, um die Qualifikationsprofile unserer eigenen Mitarbeiter viel gezielter für interne Change-Projekte, Wandlungsprojekte, einzusetzen und das ist ganz wichtig. Auf beiden Seiten. Auf Seiten, aus meiner Sicht, in unserem Handwerk ist es extrem wichtig, weil ich glaube, dass da diese Haltung auch eintreten muss, und ich glaube, viele haben Angst davor, weil sie denken, ihr Beratungsgeschäft geht dadurch verloren und, ja, aus meiner Sicht werden wir in zwanzig, dreißig Jahren erhebliche Umsatzteile des klassischen Beratungsgeschäftes wegrationalisiert haben. Punkt. Das ist einfach weg. Weil Unternehmen irgendwann sagen, für die Einführung von einem 5S-Workshop, da brauche ich dich nicht mehr, das hole ich mir über die Plattform. Und die ganzen Sachen, irgendwelche Projektmanagements einführen, oder irgendwelche Swimlane-Standards oder die ganze Litanei links oben, Kata, Value Stream Mapping und so weiter. Irgendwann ist das in den Organisationen alles selbstverständlich per Knopfdruck verfügbar und das ist normal. So, das heißt, da ist aus meiner Sicht auch eine Haltungsänderung in unserem Handwerk notwendig, dem offensiv mitzuziehen. Weil aus meiner Sicht ist ein Teil unserer Zunft, muss es sein, dass wir zumindest mental vorne dran sind, dass wir den Menschen, mit denen wir arbeiten in der Organisation einen Ausblick geben können, zur Not, wenn sie das haben wollen. Deshalb, das ist für mich auch schon so ein, ich sage jetzt mal, ja Zunft, wie in einer Zunft … so wie ein guter Schreiner oder so, die haben auch ihren Zunftstolz, sage ich jetzt mal in Anführungsstrichen, dass sie sagen „So, wir können Holz hervorragend bearbeiten“ und aus meiner Sicht ist es notwendig, dass wir als Berater, Organisationsentwickler die mit Top-Entscheidern zu tun haben, die Richtungsentscheidung treffen, dass wir denen Dinge reingeben, die dem Jahr 2020 entsprechen. Und da gehört eben dazu, dass man einem Entscheider sagt: „Freund, für diese ganzen Sachen in der Organisationsentwicklung, Kick-off-Workshops, Einführung von diesen Standards, diesen Standards, lass es bleiben. Hole es dir über ein System. Lass es deine Leute machen, die können das. Setz die Externen von uns in einem hybriden Beratungsansatz, in einem hybriden Organisationsentwicklungsansatz anders sein. Das bringt dir nichts, dass ich dir mit meinen zwanzig Jahren oder Klaus sogar mit vierzig Jahren Berufserfahrung in einem Kick-off-Workshop stehe und irgendwelche Flipcharts pinsle und irgendwelche Stimmungsabfragen mache. Das können deine Leute selber. Die können das. Es bringt dir aber …“

Klaus Doppler: Du hast jetzt von Erfahrung geredet – da gibt’s einen Spruch, der heißt, Erfahrungen wären dann von Wert, wenn man sie hätte, bevor man sie machen muss. Punkt.

Jörg Poersch: Ja. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Wenn wir schon beim Stichwort 2020 sind, Daten schlagen Erfahrung. Das ist ganz klar. Eine Organisation, die sich dieses Know-how in großen Teilen automatisiert reinholt, hat den Vorteil, den komparativen Vorteil, dass sie Know-how zur Verfügung bekommt, dass datenbasiert optimiert ist und das kann ein einzelner Organisationsentwickler nicht leisten. Das können auch fünf nicht leisten. Weil der Erfahrungsschatz von fünf guten Organisationsentwicklern ist, wenn es gut läuft, vielleicht hundertfünfzig Organisationen. Wenn du aber über eine Datenbankstruktur vierzig-, fünfzig-, sechzigtausend Organisationen hast und anhand von diesen Bewegungsdaten in der Organisationsentwicklung punktgenau sagen kannst, in deiner Branche, mit deinem Umsatz, mit deiner Größe, an der Stelle, an der du stehst, ist es besser, dass du das KVP-System so einführst und nicht so. Das kann keiner ersetzen. Also das sind für mich diese zwei Aspekte in der Frage: Was ist die Digitalisierung in der Organisationsentwicklung.

Götz Müller: Jetzt könnte ich mir vorstellen, dass das, nennen wir es mal, das Digitalisierungsniveau eines Unternehmens selber, einen gewissen Einfluss darauf hat, inwieweit sie willig und fähig sind, ich nenne es jetzt mal vereinfacht, eine digitale Organisationsentwicklung anzuwenden, einzuführen. Wie sieht da die Erfahrung aus? Also sprich, mal das eine Extrem, ohne denen jetzt zu nahe treten zu wollen, klassisches Bauhandwerk, wo mit Digitalisierung beim Putz an die Wand schmeißen noch nicht so viel unterwegs ist, oder meinetwegen das andere Extrem ein Fintech.

Jörg Poersch: Das ist eine spannende Frage und da möchte ich ganz präzise mit einer Geschichte drauf antworten. Also ich möchte vorneweg sagen, wenn ein Self-Consulting-System, das so etwas ermöglichen soll, solche Voraussetzungen setzt, dann ist das System falsch. Und ich möchte es an einer Geschichte deutlich machen. Ingvar Kamprad war der Gründer von Ikea, der war so in den 60ern mal auf einer Möbelmesse eingeladen in Italien und war da tagsüber natürlich bei tollen, schicken, fancy Möbeln, tolles Design, und war am Abend bei dieser italienischen Familie eingeladen zum Abendessen und war da in diesem rustikale Holzmöbel, dunkle Zimmer, und er ist da dringesessen und in dem Moment ist ihm klargeworden, was sein Job ist. So, nämlich, schönes Design für alle Menschen verfügbar machen. Weil die meisten denken, dass Ingvar Kamprad die zusammenklappbaren Möbel erfunden hat, nein, das hat sein Fotograf erfunden während einer Fotosession, das hat Ingvar Kamprad nicht erfunden. Das hat Ingvar Kamprad von Ikea auch nicht angetrieben, er will hier zerlegbare Möbelketten und optimale Logistikketten, was Ingvar Kamprad angetrieben hat war demokratisches Design, das war der interne Begriff bei Ikea. Er wollte Design demokratisieren, für alle verfügbar machen. Er wollte, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geldbeutel ein tolles Design haben. Und dafür steht Ikea bis heute. Und aus meiner Sicht, um die Frage zu beantworten: Wenn man ein System baut, das vorher erfordert, dass ein Unternehmen digitale Reifegrade hat, um so einen Self-Consulting-Ansatz zu fahren, dann ist das System falsch gebaut. Das heißt, aus meiner Sicht ist das Anforderungsprofil an so ein System, dass es ein Unternehmen per plug and play innerhalb von einem Tag starten kann, jeder der WhatsApp und eine SMS schreiben kann, muss so ein System bedienen können. So muss so ein System gebaut sein. Dann entspricht es aus meiner Sicht auch einem Ideal, für das wir, oder das Team hier arbeitet, nämlich die demokratische Verfügbarkeit von diesem Know-how. Und wenn ich da erstmal eine Hürde hätte, im Sinne von, das Unternehmen muss schon jahrelang digital unterwegs sein, dann ist das System falsch gebaut. Das System muss so intuitiv einfach sofort startbar sein, an der Stelle, wo es für das Unternehmen wichtig ist, ohne mit so einer riesigen Walze an IT-Moloch und Strukturen und Datenfreigabenscheiße, Entschuldigung für die deutlichen Worte, drüberzuwälzen, sondern leicht verfügbar, sofort praktisch anwendbar, für jeden. Und, daran arbeiten wir, aus dem Nähkästchen geplaudert, für den Ottonormalverbraucher. Also wir haben es geschafft, kurz aus dem Nähkästchen geplaudert … wir schaffen es, dass ein ganz normaler, ich darf so reden, weil ich bin ursprünglich Lagerarbeiter, ich habe Lagerist gelernt, mit unserem System kann ein Lagerarbeiter, der einen Hauptschulabschluss hat und zwanzig Jahre in einer Organisation arbeitet, innerhalb von vier Tagen eine Wertstromanalyse machen. Das ist das, was wir möchten, und die Geschichten habe ich auf Lager. Und an der Stelle, das ist für mich die Frage, ob die vorher digital sein müssen: Nein, überhaupt nicht. So, sondern das Unternehmen, das ist der Punkt, den der Klaus hatte, die Führung, und die Organisation an sich, muss sich entscheiden für so einen Weg, für so einen Ansatz und sagen: „Wir machen das und wir ziehen das durch und wir glauben an unsere Leute.“ Und dann entstehen solche Geschichten. Davon kann ich ein paar erzählen.

Götz Müller: Gut. Im Grunde hast du mir meine nächste Frage schon fast vorweggenommen, ich möchte es aber noch ein bisschen vertiefen, im Sinne von einerseits, welche Rolle spielen die Menschen in der Digitalisierung, das hast du an dem einen Beispiel ganz gut festgemacht, und dann, wenn ich uns drei jetzt einfach so angucke, da liegen ja, um es mal vorsichtig auszudrücken, da liegen schon ein paar Jahre dazwischen. Ich meine, ich habe jetzt den Vorteil, ich bin mit ziemlicher Sicherheit zwischendrin, nehme aber auch immer wieder wahr, dass manchmal dieser, vielleicht vermeintliche, technische Aspekt, der in manchen Köpfen auch noch hinter der Digitalisierung steckt, dass das vielleicht so etwas wie eine eigene Hürde ist, über die man erstmal drüber springen muss.

Jörg Poersch: Ja, da hätte ich eine spontane klare Meinung dazu und dann würde ich es auch an Klaus rübergeben. Das ist ein deutsches Problem. Wenn es nach dem Deutschen geht, ich bin da mal ganz deutlich, dann würden wir uns in einer Höhle verstecken und Aluhüte aufziehen. Weil jeder hat Angst vor Daten. „Mein Gott, Daten. Und oh mein Gott, noch ein System. Oh mein Gott.“ Also muss ich mal ganz deutlich sagen. Was ich auf Entscheider-Ebene und auf IT-Umfeld-Ebene teilweise erlebe, das ist erschreckend für mich. Muss man ganz deutlich sagen. Und da bin ich kein Vordenker, da gibt es ja ganz andere Vordenker, die dieses Thema schon seit Jahren adressieren, dass genau diese Unsicherheit und Angst, die du gerade beschreibst, german angst als Überschrift, ja natürlich spielt das bei der Einführung von einem Self-Consulting-System eine Rolle, weil der Deutsche immer Angst hat vor solchen Sachen. Was passiert mit meinen Daten? Und ist da ein Amerikaner dabei? Und dann, was ich persönlich schlimm finde, aber nicht jetzt im Sinne von verurteilend schlimm, sondern das macht mich betroffen, das habe ich oft erlebt, dass ich, dadurch, dass unser System häufig schnell in die Breite kommt in einer Organisation, also dann auch häufig Menschen mit durchschnittlichen Bildungsabschlüssen an dem System hängen und dann ab vierzig aufwärts eine innere Verweigerungshaltung da ist, sich mit einem PC zu beschäftigen. Und das so ab einem Alter schon von 45. Und das finde ich persönlich … das macht mich betroffen, weil diese Arbeitnehmer rutschen mit Hochgeschwindigkeit in eine Arbeitswelt rein, wo sie PC, das ist ja noch das einfachste, bedienen sollen. Und das erlebe ich immer wieder, diese beiden Aspekte, ja. Einerseits diese german angst bei den Entscheidern „Oh mein Gott, was ist mit meinen Daten. Noch ein System, wie sollen wir das machen?“, dabei sind sie schon in einer voll digitalisierten Welt, ja. Das ist alles schon da. Und der zweite Aspekt, der mich persönlich häufig betroffen macht, weil ich selber von einer Hauptschule komme, ich komme da ursprünglich her, ich war Lagerist, und deshalb, das macht mich betroffen, dass ich da wirklich Menschen erlebe, die so ab 45 innerlich dicht machen und sagen „Ja, weißt du, mit dem PC kenne ich mich nicht so aus und das möchte ich nicht.“.

Klaus Doppler: Was soll ich jetzt sagen als Achtzigjähriger?

Jörg Poersch: Also da kann ich etwas dazu sagen, wie du reagierst hast auf Digitalisierung als Achtzigjähriger. Also ich war geschockt … da war ich bei ihm in München und habe ihm erzählt, was ich vorhabe und dann „Ja, das ist super.“ und dann erzählt der mir im Prinzip mein Geschäftsmodell, der Klaus. Ich sitze da in dem Büro und ich denk … weil ich hab’ morgens noch eine Strategie entwickelt mit meiner Frau, wie überzeuge ich den achtzigjährigen Klaus Doppler, dass er bei uns in den Beirat kommt, ich habe mit Judith da gehirnt und so und dann sitz ich in dem Büro und der Klaus leiert hier die Digitalstrategie der Organisationsentwicklung runter, ich bin fast vom Stuhl gefallen, ja. Also, ja.

Klaus Doppler: Ich meine, der Punkt ist, bestimmte Dinge kann ich nicht verändern und was ich nicht verändern kann, sage ich, dann übernimm es oder aber je nachdem, wie die Situation ist, ich kann Digitalisierung nicht verändern, deshalb gibt’s nur eins, ich muss nicht alles bis aufs Letzte verstehen, das ist dann wieder die Genauigkeit. Also früher war es so, also ich habe das Auto jetzt abgeschafft, aber ich habe immer ein schönes Auto gehabt und das hat mein Sohn mir immer rausgesucht mit allen Schikanen, die da drin waren, und dann hat er beim letzten, was ich hatte, gesagt: „Übrigens, der parkt auch selber ein und auch rechts und links. Du kannst auch links einparken lassen.“ Dann habe ich gesagt „Wie bitte?“, sagt er „Kümmer dich nicht drum, das ist ein anerkanntes Auto und das wird funktionieren.“ – dann hockst du da drin, das Einzige, wo du gucken musst, selbst da musst du nicht gucken, du fährst vorbei, wo noch ein Spalt ist, der gibt die genau Bescheid „Hier kann ich einparken, da nicht.“ und da, wo er sagt „Kann ich einparken“, musst du dich zurücklehnen und dann dreht der selber und kurvt und jedes Mal denke ich „Mein Gott, was das für ein tolles System ist.“, ich habe null verstanden, wie das funktioniert. Muss ich auch gar nicht. Also wenn jemand sagt „Das müssen wir bis ins Letzte verstehen“, dann sage ich „Okay, verstehst du deinen Körper? Weißt du genau, was da drin alles läuft? Weißt du, was in deinem Kopf hier läuft?“ – „Das spürt man ja.“, dann sag ich: „Genau, und wenn du digitalisierst, wirst du spüren, was du sparst und wo du schneller bist und wo du verlässlicher bist.“ Und das ist die Kunst halt, dass nicht jeder alles im Detail verstehen muss. Das geht gar nicht. Und das ist etwas, also das ist auch wichtig. Wie gesagt, mir nehmen sie das ab, weil sie halt sagen „Ja, wenn der Doppler das sagt, dass wir Digitalisierung brauchen, dann wird schon was dran sein.“ und wenn die mich fragen „Verstehen Sie genau, was das hier macht?“, dann sage ich „Nein, verstehe ich nicht. Aber benennt jemanden und holt euch jemanden rein, der Bestandsaufnahme macht, wo überall digitalisiert werden kann und was das für Vorteile hat. Es geht darum, ihr müsst auf zwei Systeme gucken, wieder Kontext. Ihr müsst gucken, was brauchen eure Kunden und wie lange dauern Produktionen in bestimmten Zeiten. Und da gibt’s genügend Fachleute, holt euch einen, aber nur zur Bestandsaufnahme und ihr müsst dann entscheiden, wir steigen um.“ Also das ist sozusagen, und das beschäftigt noch viele und viele sind noch genau in der Richtung, Jörg, du hast das angedeutet, „Ich muss alles genau verstehen und dann müssen wir Experimente machen und Projekte“, dann sage ich: „Ihr seid doch bescheuert. Fangt einfach an und nehmt ein bestimmtes System und dann fangt mal damit an.“ Und dann seht ihr uns zwar aus der Wirkung, entscheide ich, wie wichtig Digitalisierung ist.

Götz Müller: Ich möchte da noch ein bisschen nachbohren, weil ich mir schon vorstellen könnte, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen, weil das in der Veränderung eine gewisse Hürde sein kann, weil halt ein paar Menschen eher ablehnend dastehen. Und jetzt halt hier dann die sehr konkrete Nachfrage, wie gewinne ich die, wie nehme ich denen vielleicht die Angst, die, glaube ich schon eben, wir hatten das Stichwort gerade schon, einfach da ist, und die ich ja nicht wegdiskutieren kann, ohne dass ich jetzt Druck ausübe oder anfange, ihnen da irgendwo im Kopf rumzuschrauben. Wie gewinne ich die Menschen und ich glaube, es sind wahrscheinlich nicht wenige, und wenn ich alle gewinnen will, möchte ich auch keinen zurücklassen – wie gehe ich da vor? Vielleicht so zum Abschluss dieser Punkt noch.

Jörg Poersch: Also grundsätzlich mal, es gibt heute noch genug Unternehmen, die ohne ERP-Systeme unterwegs sind und ihr ganzes Unternehmen mit Excel steuern. Von daher bin ich mir relativ sicher, dass ein Self-Consulting-System nicht für alle Unternehmen geeignet ist. Das ist einfach so. Punkt. Und das wird auch in vierzig Jahren, fünfzig Jahren noch Unternehmen geben, die in der klassischen Beratung arbeiten. Und das ist der zweite Aspekt für mich. Du hast gefragt, wie kann man da die Unsicherheit nehmen. Aus meiner Sicht gibt es eine Reifegradentwicklung, eben nicht auf der Digitalisierungsebene, sondern auf der mentalen Ebene einer Organisation. Also ich starte als Organisation häufig in diesem, wir nennen das klassisches Consulting, ich bin gewohnt, der Experte kommt ins Haus, er ist vielleicht per Web-Konferenz dabei, er begleitet das Projekt und er begleitet den Wandel. Die zweite Reifegradstufe ist das sogenannte hybride Consulting. Das heißt, ich habe als Unternehmen für mich schon die Grundsatzentscheidung getroffen, dass ich auf eine Plattformtechnologie setze, die mir die Werkzeuge einspielt. Ich habe den Berater aber noch hybrid mit dabei an den entscheidenden Punkten. Wenn ich durch diese Phase durch bin, komme ich in unserer Definition in die Self-Consulting-Reifegradphase, das heißt ich habe die Plattform in der Breite eingesetzt, meine Mitarbeiter haben Erfahrung damit gesammelt und ich setzte den Berater wirklich nur noch punktuell auf Entscheider, auf Coaching, auf Gruppendynamikebene, so wie Klaus das beschrieben hat, ein. Also das wären meine zwei Antworten. a, dass ich überzeugt bin, dass es nicht für jedes Unternehmen passt. Und b, dass es eine Entwicklung gibt, dass ein Unternehmen startet an einem Punkt und sagt „Mensch, jetzt fangen wir mal an, Projekte hybrid aufzusetzen.“ und der hybride Consulting-Ansatz ist aus meiner Sicht ganz wichtig. Da geht’s nicht darum, dass der Berater per Web-Konferenz zugeschaltet wird. Das ist in unserer Sprache klassisches Consulting, weil da ist du Experten immer noch dirigierend im Einsatz. Im hybriden Consulting sagt das Unternehmen wesentliche Anteile des potenziellen Projekte, der Umsetzung des Change-Projektes, wird über die Plattform an meine Leute ausgespielt und die machen das selbstständig aus eigener Kraft, ja.

Klaus Doppler: Von meiner Seite … also, der Aspekt, den du genannt hast, wie kriege ich eventuell alle da … das kannst du vergessen. Du wirst nie alle kriegen. Entscheidend ist anfangen, weil wenn ich anfange, mit einer kleinen Gruppe, die sagt „Wir gehen jetzt ran.“, die anderen gucken erstmal drauf, bleiben schön irgendwo hocken und sagen „Wir eh nicht funktionieren.“ Und sobald das etwas bewirkt, fängt die Neugier an: „Was macht ihr denn da?“ Und dann sage ich: Kostbar und rar. Und sage: „Geh du weiter, du interessierst dich ja nicht.“ – „Ja, wieso … ich interessiere mich nicht?“ – „Ja, oder willst du es wirklich wissen? Und wozu willst du es wissen?“ Das heißt, man muss schrittweise vorgehen und also das ist das eine, und das andere ist, ich meine, es hängt alles von der Wirkung ab. Ich muss es so darstellen können, dass es was nutzt. Denn was nutzt die schönste Digitalisierung, wenn irgendwie, wie bei dem Brückenbau, die Anschlussfähigkeit nicht da ist. Und deshalb kann ich dich nur unterstützen, wenn jemand sagt „Jetzt digitalisieren wir mal in dem Bereich!“, zu sagen „Mal ganz langsam. Was ist das für ein Bereich, wie ist der vernetzt mit anderen?“ – „Na ja, der ist stark vernetzt, aber wir fangen mit dem jetzt an.“ Dann sage ich: „Nein. Wir fangen nicht mit dem an. Oder ihr macht es allein. Ich verantworte das nicht, weil das nützt mir ja nichts, wenn ich diesen einen Teil mache und dann verreckt’s nachher beim nächsten Schritt.“, Dann heißt es: „Das hat ja eh nicht funktioniert.“, weil Menschen gucken beim Endverbraucher: Ist der Kunde jetzt zufriedener? Ist er schneller bedient? Mache ich mehr Umsatz damit? So und deshalb meine ich mit diesem ganzheitlichen Ansatz und mit einer kleinen Gruppe, die wirklich wollen, anfangen. Aber die müssen auch von oben abgedeckt werden, im Sinne von, dass sie das wirklich tun sollen und dürfen und die berate ich manchmal und sage: „Wenn die oben nicht richtig wollen, dann fangt gar nicht an. Dann sagt denen einfach, ihr wollt’s ja eh nicht und ihr seid ja froh, wenn das irgendwo verreckt, weil ihr dann sagen könnt: Siehste, wir haben’s ja gleich gesagt. Und ihr versteht eh nichts davon.“ Also richtig locker, frech, freundlich. Und so rangehen. Du wolltest noch was sagen, ja?

Jörg Poersch: Also ich wollte da vielleicht zum Abschluss zwei plastische Bilder mitgeben. Das ist das, was Klaus mit auch im Vorfeld gesagt hat: „Mensch, mach’ doch das mal plastisch.“ Also wir haben ein Unternehmen, ein Kunde aus der Transportbranche, das einen sehr hohen Reifegrad hat im Self-Consulting. Und wenn ein Unternehmen lange schon im Self-Consulting unterwegs ist, dann passiert folgendes. Der zentral Verantwortliche für die Logistik hat mich angerufen und hat gesagt, sie haben jetzt einen neuen Standort gebaut und sie wollen da jetzt das Thema Shopfloor Management auch einführen. Mit dem Anruf war’s das für ihn. So, in dem Moment läuft bei uns im Hintergrund, dass der neue Standort aufgeschalten wird und alle Techniken und Methoden, die er an den anderen Standorten hat, werden automatisiert ausgeliefert. Das muss man sich bitte mal klarmachen. Das ist ein Anruf von zwei Minuten, den dieser Entscheider bei uns gemacht hat. Er hat aufgelegt und er wusste, ab dem Moment geht es los, dass an dem neuen Lagerstandort die ganzen Shopfloor Management Standards eingespielt werden, wie er es in der anderen Organisation kennt. as war’s. Und er hat auf seinem Display, auf seinem Dashboard sieht er die Entwicklung an dem Standort und kann sich das anschauen. Das war die eine Geschichte. Und die zweite Geschichte: Ein Kunde von uns aus der Chemiebranche, mittelständisches Unternehmen, die Projektmanagement eingeführt haben mit unserem System. Ich hab’ denen von Anfang an gesagt, weil wir haben klassisch gestartet und sind jetzt in den hybriden Modus übergegangen, das heißt, die Mitarbeiter fangen jetzt an über die Plattform autonom das Projektmanagement einzuführen im Unternehmen. Ich hab’ denen von Anfang an gesagt, das System wird Euch nicht nerven, das System wird Euch nur in Bewegung setzen, wenn Ihr das wirklich braucht. Und das sind spannende Rückmeldungen von Anwendern und auch von Entscheidern und Mitarbeitern, die sagen „hey das ist ziemlich cool bei diesem Ansatz, weil nur wenn ich ne Nachricht bekomme, das ich was tun muss, muss ich was tun in der Organisationsentwicklung und sonst nicht. Da kann ich mich ein Stück weit zurücklehnen und das ist die Power von den Daten.“ Weil der Nutzer weiß, und war auch ein tolles Feedback von dem Entscheider, „weißt Du Jörg, das ist für mich als Entscheider wie ein Assistenzsystem auf der Autobahn in meinem Fahrzeug, das gibt mir Signale, hier stop aufpassen, stop auf den Rand gucken. Das ist für ihn so Zeit effizient, weil für ihn die ganze Organisationsstruktur außenrum wegfällt, Abstimmung, Kickoffs, Dokumentation usw. Das ist für den Geschäftsführer, für den Entscheider auf der mittleren Ebene, so ne krasse Zeitersparnis, weil er auf der anderen Seite eben trotzdem erlebt in der Realität, weil er sieht ja, das System bringt seine Leute in Bewegung. Auf einmal steht ein Mitarbeiter von ihm bei ihm in der Türe, das hat er mir erzählt, der gesagt hat, ich muss ja jetzt Projektaufträge definieren, nach unserem Unternehmensstandard, wo liegt denn der, wie machen wir denn das und wen spreche ich da an? Das heißt der Entscheider erlebt, dass seine Menschen, sein Personal in Bewegung ist, etwas tut, aber hoch effektiv an den Stellen, wo es notwendig ist. Das vielleicht noch zum Abschluss zwei klassische Geschichten nochmal, zu dem Thema wie entwickelt sich das in einem Unternehmen.

Klaus Doppler: Das ist der Punkt, wo ich Dir gesagt hab’, nimm’ Beispiele. Weil Beispiele weisen hin. Wenn ich lang Theorien erkläre, versteht das eh niemand. Bring’ Beispiele, was ist nachher anders wie vorher. Und was Du für Vorteile da drin. Das Beispiel auch mit dem Verkehr, mit dem Auto, das eine war mit dem Einparken, das andere ist so halb selbststeuernd. Das ist doch herrlich. Muss man trotzdem draufgucken und beobachten aber das System steuert selber.

Jörg Poersch: Ja und was ist nachher anders wie vorher, das noch zum Abschluss. Jeder einzelne Mitarbeiter, der es gewohnt ist, über so ein System zu arbeiten, den hast Du auf nen Niveau, der ist das gewohnt. Den kriegt man ja nicht mehr entwöhnt. Das heißt, Du hast da ein Potenzial geschaffen. Das ist auch ein mittelständischer Kunden von uns, Großhandel, der hat zwanzig Führungskräfte über das System entwickelt, Die sind gewohnt mit diesem System zu arbeiten. Das heißt, der hat jetzt überall Einflugschneisen, wo er einfach ganz bequem diesen Menschen ihre Werkzeuge zur Verfügung stellen kann.

Klaus Doppler: Aber der Nachteil ist, er kann nicht jedem reinreden jetzt.

Jörg Poersch: Ja, genau, das stimmt.

Klaus Doppler: Und dieser mittlere Teil sagt, ja Gott sei Dank. Vorher kam er wegen jedem Kleinscheiß daher, ja begründen das nochmal, und jetzt sag’ ich, frag’ das System, frag’ es. Das ist die Kunst.

Götz Müller: Ich hab’ jetzt auch noch einen Punkt rausgehört, und ich glaub’, dann müssten wir wirklich gucken, dass wir den Bogen kriegen, weil ich glaub’, wir könnten sonst locker nochmal die gleiche Zeit drüber diskutieren. Was mir ganz oft begegnet, ist „oh, jetzt soll ich das auch noch machen, neben dem Tagesgeschäft, also in irgendeiner Form Organisationsentwicklung, in irgendeiner Form Verbesserungsprozess, was auch immer. Das erleb’ ich ganz oft auch als ne sich selbst manchmal aufgebaute Hürde oder auch manchmal ne Ausrede und ich glaub’ da kommt ein Effekt rein, den Jörg grad erwähnt hat, das ist halt nicht so. Das passiert fast nebenher.

Jörg Poersch: Ja, und vor allem es ist, und das ist das Entscheidende, grad die Aussagen, die hören wir auch oft, aber die können wir sofort hebeln, weil jemand, der unser System nur mal eine Woche erlebt, der weiß, dass er nicht mit unnötigem Mist versorgt wird, sondern das System bringt ihm punktgenau das, was du tun sollst in einer vernünftigen Aufbereitung und sorgt dafür, dass da keine Verschwendung außenrum ist, dass Du Dich erst einlesen musst, erst noch 15 Wikipedia-Einträge, mit drei Leuten nochmal sprechen, dir nochmal rückversichern musst, bevor Du anfangen kannst zu arbeiten. Da ist so ein Waste-Block außenrum und das ist eben bei dem System nicht der Fall, bei unserem System. Und wenn das ein Individuum mal erlebt, das verschwendungsfrei eingespielt wird, dass merkt er relativ schnell, hey die 20 Minuten in der Woche, die hab’ ich eigentlich.

Klaus Doppler: … da red’ ich wieder als Psychologe. … „wie zufrieden bist Du denn mit dem Status quo?“ „Ah, wenn Sie das alles wüssten, was ich alles machen muss.“ „Ja und wie geht’s Ihnen dabei? Wie zufrieden sind Sie damit? Und haben Sie überhaupt das Bedürfnis, da was anders zu machen?“ „Ach Gott, wenn Sie mir da helfen könnten.“ „Wollen Sie nicht geholfen kriegen, oder was ist denn?“ Und das meine ich mit, Vormassage nenne ich das. Und dann und jetzt kann, und wird als nächstes nicht mit Erklärung anfangen, sondern ein Beispiel. Vorher, nachher. Bis zum Punkt, wo ich sage, ich fahr’ gern mit Dir hin. Ich hab’ früher Fortbildungen gemacht, bin weltweit gefahren mit einer Gruppe von Managern, von Inhabern, 20 Leute, Japan, China, USA, Kalifornien, Südafrika. Und zwar nur nachgewiesenermaßen lange Zeit erfolgreiche Organisationen, mit denen diskutiert, was ist das Geheimnis Eures Erfolgs? Und was so was von verblüffend für meine Teilnehmer, weil jeder aus seinem Spiegel des Betrachters, und wenn wir einen besucht haben und alles vorgestellt haben. Alle zurück, Tagungshaus, was habt Ihr denn jetzt gesehen? Und dann kam raus nach dem dritten Bericht, waren wir in verschiedenen Unternehmen? Sag’ ich ja, weil Ihr guckt nur aus Eurer Perspektive, das sind andere Perspektiven, wie die rangehen. Und dann waren sie wirklich verblüfft. Und da haben manche radikale Konsequenzen daraus gezogen. Ich bin doch bescheuert, wie ich das bisher mache. Geht ja auch so. Und die sind nachgewiesenermaßen erfolgreich. Deshalb sind Beispiele so wichtig, wo die dann nachvollziehen können, hoppla, wenn das funktioniert und dann kommt die letzte Frage, ist das jetzt alles neu und dann wäre dann ihre Rolle mit denen zu überlegen, wo denn richtig anzufangen. Und auf jeden Fall wirklich schnell ins Handeln zu kommen. Sodass man sieht, hoppla da passiert was. Und wenn’s ned geht, sollen sie halt verrecken. Punkt.

Götz Müller: Ich fand’ das jetzt grad gewollt oder ungewollt ein wunderbares Schlusswort zum Ende aber anfangen. Deshalb ich danke Dir, ich danke Ihnen Herr Doppler für die Zeit, fast eine Stunde aber ich glaub’ da war keine Minute, auch bei den Zuhörern, keine Minute verschwendet.

Jörg Poersch: Ich danke Dir Götz für die Möglichkeit.

Klaus Doppler: Vielen Dank für die interessante Diskussion. Man lernt immer dazu, auch ich.

Jörg Poersch: Ja, dankeschön.

Götz Müller: Das war die heutige Episode im Gespräch mit Jörg Poersch und Klaus Doppler zum Thema Prozessvergleich zur Organisationsentwicklung. Notizen und Links zur Episode finden Sie auf meiner Website unter dem Stichwort 221.

Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, freue ich mich über Ihre Bewertung bei iTunes. Sie geben damit auch anderen Lean-Interessierten die Chance, den Podcast zu entdecken.

Ich bin Götz Müller und das war Kaizen to go. Vielen Dank fürs Zuhören und Ihr Interesse. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit bis zur nächsten Episode. Und denken Sie immer daran, bei allem was Sie tun oder lassen, das Leben ist viel zu kurz, um es mit Verschwendung zu verbringen.

Quelle: https://www.geemco.de/artikel/kaizen-2-go-221-prozessvergleich-zur-organisationsentwicklung/

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