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Systemische und systematische Fragetechniken

Warum? Wieso? Weshalb? Die Macht der Fragen

Kinder erschließen sich die Welt über Fragen und auch schon die Sesamstraße hat nicht nur einen Ohrwurm mit Ihrem Song “Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt bleibt dumm. 1000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen, manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen.” geschaffen, sondern verdeutlicht die Wichtigkeit von Fragen.

Grundsätzlich kann man zwei Arten von Fragen im beruflichen Kontext unterscheiden, die systematischen und die systemischen Fragen. Die systematischen Fragen folgen einem Schema und zielen darauf ab, konkrete Probleme in Arbeitsprozessen und Abläufen zu lösen und die Ursache des Problems zu identifizieren.

Systemische Fragen haben das Ziel, neue Lösungswege zu erschließen. Diese Fragetechnik ist besonders gut zur Mitarbeiterentwicklung geeignet, um Verhaltensweisen zu reflektieren, Fähigkeiten weiterzuentwickeln und Ressourcen zu aktiveren. Systemische Fragen beziehen sich auf das Umfeld beziehungsweise auf das System, in dem jemand agiert.

Systematische Fragetechnik:
Die 5W-Methode zur Problemlösung

Die 5W-Methode ist ein Beispiel für eine systematische Fragetechnik und soll im Folgenden kurz vorgestellt werden. Die 5W-Methode stammt aus dem Bereich des Qualitätsmanagements und es wird systematisch durch die Frage „Warum?“ solange nachgehakt bis die Ursache des fehlerverursachenden Prozessschrittes eindeutig gefunden wurde und nicht weiter unterteilt werden kann. Bei den systematischen Fragen werden die Fragen nach dem vorgegebenen Schema gestellt. Zuerst werden Fragen gestellt, um das Problem so detailliert wie möglich zu beschreiben. Die 5-Warum Fragen sind nicht auf die Zahl fünf beschränkt, sondern werden so lange gestellt, bis die wirkliche Ursache gefunden wurde.

Systemische und systematische Fragetechniken

Systemische Fragetechniken zur Mitarbeiterenwicklung

Systemische Fragen zielen darauf ab, Mitarbeiter zur Reflexion sowie zur Entwicklung eigener Lösungen und Erkenntnissen anzuregen. Die Führungskraft unterstützt durch gezielte Fragen den Mitarbeiter, dass er Alternativen zu bisherigen Verhaltensweisen entwickelt und sich seinen Fähigkeiten und Ressourcen bewusst wird. Bei systemischen Fragen geht es nicht um den Informationsgewinn des Fragenden, sondern darum neue Möglichkeiten des Denkens und Handels beim Mitarbeiter anzustoßen. Systemische Fragen beziehen das komplette Umfeld des Mitarbeiters mit ein, da Mitarbeiter immer im Kontext ihrer Umgebung beziehungsweise ihres Systems agieren. Das bedeutet, das Arbeitsumfeld, Kollegen, Unternehmensziele, frühere Erfahrungen, persönliche Ziele, Gesundheit oder auch die eigene Familie und Herkunft haben Einfluss auf das Verhalten und die Denkweise.

Allgemeine Merkmale systemischer Fragen

Systemische Fragen sind immer offene Fragen. Geschlossene Fragen, die mit einem „ja“ oder „nein“ zu beantworten sind, lösen keinen neuen Denkprozess aus und sind daher nicht wirkungsvoll. Offene Fragen beginnen immer mit den W-Fragewörtern:

  • Wer
  • Wann
  • Wie
  • Wo/ wohin
  • Wem / wen
  • Was
  • Wessen
  • Welche
  • Woran

Vermeiden Sie warum, wieso und weshalb. Diese Fragewörter zielen direkt auf das Herausfinden der Ursachen ab und lösen in der Regel sofort Verteidigung aus.

Des Weiteren sind systemische Fragen immer dazu gedacht, den Gegenüber zum Nachdenken anzuregen und nicht die Neugier des Fragenden zu stillen. Systemische Fragen sind auch niemals Suggestivfragen.

Systemische Fragen fokussieren sich immer auf das „Innen“ und nicht auf das „Außen“. Fragen nach dem Außen dienen im Gesprächsverlauf lediglich als Grundlage für Fragen nach dem Innen. Fragen nach dem Außen sind Definitionen, Beschreibungen und Bezeichnungen (z.B. Wie würden Sie Herrn Müller beschreiben? – Eine leistungsstarke Führungskraft.) Bei Fragen nach dem Innen, wird nach der Bedeutung gefragt. (z.B. Was sind für Sie typische Eigenschaften, die eine Führungskraft aufweisen sollte? Was muss jemand tun, um von Ihnen als leistungsstark bezeichnet zu werden?)

Arten von Systemischen Fragen

Einstiegsfrage

In einem Mitarbeitergespräch ist eine offene Einstiegsfrage sinnvoll, damit der Mitarbeiter sein Thema selbständig wählen kann. Versuchen Sie das Wort „Problem“ zu vermeiden, sondern immer von Thema oder Zielen zu sprechen.

  • Was ist Ihr Ziel/ Thema?
  • Was möchten Sie erreichen?
  • Was sollte in der nächsten Stunde passieren, damit Sie gut in den Tag starten können?

Ziel- und Lösungsorientierte Fragen

Zielfragen helfen den Soll-Zustand zu visualisieren und die Attraktivität des Ziels zu verdeutlichen.

  • Woran würden Sie merken, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?
  • Was wäre dadurch möglich?
  • Was wäre dadurch anders?
  • Was haben Sie schon versucht, um die Herausforderung zu meistern?

Achten Sie darauf, dass Ihr Mitarbeiter sein Ziel positiv formuliert. Nicht: Ich möchte nicht mehr so chaotisch sein. Sondern: Ich möchte strukturiert arbeiten. Wenn Ihr Mitarbeiter ein Ziel nennt, dass negativ formuliert ist können Sie ihn mit folgenden Fragen zum umformulieren anregen:

  • Was möchten Sie stattdessen?
  • Was tun Sie, wenn Sie nicht mehr x tun?

Zirkuläre Fragen

Durch zirkuläre Fragen wird der Mitarbeiter angeregt einen Perspektivwechsel vorzunehmen und dadurch neue Denkanstöße zu erhalten.

  • Was denken Sie würde Ihr Kollege / Frau / Chef über die Situation sagen?
  • Wie meinen Sie, wie würden sich Ihre Mitarbeiter das Ergebnis erklären?

Skalierungsfragen

Skalierungsfragen differenzieren die Wahrnehmung und machen Unterschiede deutlich.

  • Wenn Sie die Intensität Ihres Konfliktes mit Ihrem Kollegen auf einer Skala von 0 sehr schlecht bis 10 sehr gut einschätzen müssten, wo stehen sie jetzt gerade?
  • Wo auf der Skala möchten Sie idealerweise hin?

Fragen nach Ressourcen

Hat ein Mitarbeiter bereits ähnliche Herausforderungen gemeistert, wird er durch die Frage an seine Fähigkeiten und Ressourcen erinnert, die ihm jetzt ebenfalls zur Bewältigung helfen können.

  • Haben Sie ähnliche Herausforderungen schon einmal gelöst?
  • Welche Fähigkeiten / Ressourcen haben Ihnen dabei geholfen?

Hypothetische Fragen

Hypothetische Fragen versetzten den Mitarbeiter in die Lösungssituation und überprüft dessen Wirkung.

  • Angenommen, Sie verhielten sich ab sofort kooperativ, wie würden Ihre Mitarbeiter reagieren?
  • Angenommen, Sie kommen morgen in eine Besprechung und Ihr Thema wäre gelöst, was wäre dann anders?

Paradoxe Fragen

Paradoxe Fragen helfen dem Mitarbeiter neue kreative Ideen zu entwickeln und dem eigenen Einfluss auf das Thema bewusst zu werden.

  • Wie können Sie erreichen, dass noch mehr Mitarbeiter Ihrer Abteilung kündigen?
  • Was müssten Sie tun, damit das Projekt auf jeden Fall scheitert?

Maßnahmenorientierte Fragen

Damit es nicht nur bei guten Absichten bleibt, ist es wichtig, dass Sie Ihren Mitarbeiter anleiten konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Erkenntnisse zu definieren.

  • Was nehmen Sie sich als nächsten Schritt vor?
  • Was möchten Sie konkret in den nächsten 72 Stunden dafür tun?

Geben Sie Ihrem Mitarbeiter immer genügend Zeit zum Nachdenken. Je länger Ihr Mitarbeiter zur Beantwortung einer Frage braucht, desto besser war Ihre Frage! Schnelle Antworten zeigen, dass es sich um bereits dem Mitarbeiter bekannte Erkenntnisse handelt. Je länger er überlegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass neue Erkenntnisse und Sichtweisen erzielt werden.

Üben Sie sich darin, die Stille auszuhalten und nicht mit einer nächsten Frage die Stille zu durchbrechen, sonst zerstören Sie den Denkprozess Ihres Mitarbeiters und damit die Wirkung Ihrer Frage.

Systemische Fragen erfordern etwas Übung und Zeit, die die Führungskraft in seine Mitarbeiter investieren muss. Sie helfen jedoch, dass Mitarbeiter eigenständig Lösungen entwickeln und dies steigert die Erfolgsaussichten erheblich. Selbstentwickelte Lösungsansätze werden in der Regel mehr akzeptiert und umgesetzt als welche, die von oben angeordnet werden.

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